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Kunstförderer Richard von Rheinbaben: „Rücken- und Aufwind für Künstler“

    Schaut beim Künstler-Nachwuchs nicht aufs Alter: Richard von Rheinbaben © Phoenix 2022

    Kunstförderer Richard von Rheinbaben zeichnet zusammen dem Werksviertel Nachwuchskünstler mit dem Phönix-Preis aus. Am 23.3. gibt’s wieder 20.000 Euro

    Herr von Rheinbaben, in so bewegten Zeiten verschieben sich notgedrungen die Gewichte – auch in der Aufmerksamkeit, die eigentlich den „schönen“ Themen gehören sollte. Um wie viel wichtiger ist daher aktuell Aufmerksamkeit für Künstlerinnen und Künstler, die von Ihrem „Phönix“- Kunstpreis ausgeht?
    Die drei „K“ – Kinder, Kunst und Kultur – sind wohl am härtesten von den Entwicklungen der letzten zwei Jahre be- und getroffen! Ausstellungen konnten nicht durchgeführt werden, Künstler hatten keine Bühne, und die Umsätze in Kunst und Kultur sind auf ein Minimum geschrumpft. Der Phönix versucht seit 2005 hier zu unterstützen: den Nachwuchskünstlern Öffentlichkeit zu geben, sie finanziell zu stärken und langfristig zur Entwicklung ihrer Kunst beizutragen. Das ist heute wichtiger denn je!

    In diesen Tagen entscheidet eine namhafte Jury, darunter neben Ihnen Alt-Oberbürgermeister Christian Ude und Martina Taubenberger vom Werksviertel-Mitte Kunst, über den neuen Preisträger. Was können Sie schon andeuten: Wie sehr spiegelt sich der angespannte Zeitgeist auch in den eingereichten Werken wieder?
    Kunst ist immer auch Ausdruck der Zeit, in der sie entsteht. Man kann aber nicht sagen, dass
    deswegen jeder Künstler heute in die gleiche Richtung geht. Das Spektrum der Arbeiten der rund 330 Künstler, die sich für den Phönix 2022 beworben haben, ist außerordentlich breit, was die Themen angeht: von bedrückenden Bilder und Skulpturen über nicht-figurative und farbenfrohe Kunst. Wir prämieren ja auch die Wiedererkennbarkeit und die Entwicklung eines Künstlers, so dass wir hoffen, dass trotz aller Widrigkeiten, die Handschrift des Künstlers erkennbar bleibt. Ein gutes Beispiel ist Sebastian Hertrich, Phönix-Preisträger 2020. Seine Beschäftigung mit den Risiken riesiger Datenmengen hat der damalige Laudator Heribert Prantl treffend zusammengefasst: von der Datenaskese zur Datenextase!

    Der Preis führt den Aufbruch mit dem antiken Feuervogel ja im Namen: Wie viel Rückenwind kann Ihrer Erfahrung nach so ein Preis geben?
    Riesigen Rücken- und Aufwind! Von der pressewirksamen Bekanntgabe der Long- und Shortlist angefangen, über die öffentliche Preisverleihung, das hohe Preisgeld von 20.000 Euro bis hin zur fortwährenden Betreuung unserer Preisträger, mit denen wir langfristig verbunden bleiben.

    Klingt gut.
    Inzwischen wird der Phönix in den Lebensläufen selbst derjenigen Künstler geführt, die „nur“ ins Finale der letzten Zehn gekommen sind. Eine Zahl, die jeden „Private-Equity-Investor” neidisch machen würde: 11 von 12 Preisträger seit 2005 sind inzwischen arrivierte Künstler, die im In- und Ausland ausstellen, von Galeristen vertreten werden, selber Kunstdozenturen angenommen haben und mit der Kunst ihren Lebensunterhalt finanzieren.

    Sie zeichnen „Nachwuchs“ aus: Wie weit ist der Begriff denn tatsächlich gefasst?
    Sehr weit und in keinem Fall mit der Kategorie „Alter“ zu verwechseln! Ein Nachwuchskünstler im Sinne des Phönix ist einer, der nachgewiesen hat, dass er/sie etwas kann – z.B. durch Preise, Stipendien, Ausstellungen, Presseartikel -, der aber seinen Lebensunterhalt (noch) nicht mit seiner Kunst finanzieren kann.

    Wer Ihren Hintergrund aus der Welt der Bücher und des Antiquarischen kennt, würde vielleicht eher auf einen Literaturpreis tippen. Was fasziniert Sie an der Beschäftigung mit der zeitgenössischen Kunst?
    Literaturpreise gibt es viele, Kunstpreise für Nachwuchskünstler – insbesondere mit einer so hohen Dotierung – praktisch keine. Vielleicht darf ich zur Beantwortung Ihrer Frage zwei autobiographische Erlebnisse nennen: Als ich mit 19 Jahren eine Banklehre machte, bot die Bank ihren Angestellten an, Werke aus einer insolventen Galerie zu erwerben. So kam ich an meinen ersten Druck von Heinz Mack, dem ZERO-Künstler. Dadurch war der Grundstein für die Faszination mit zeitgenössischer Kunst gelegt. Einige Jahre später heiratete ich eine hervorragende Künstlerin und konnte dadurch erleben, wie schwer es ein Künstler hat (Beuys: „Jeder Mensch ist ein Künstler!“), finanziell erfolgreich zu sein. Ein kleiner „Push“ kann da sehr viel bewirken (n.b. meine Frau durfte sich nie für den Phönix bewerben!).

    Tja, schwierig.
    Schließlich erfüllt es mich mit Freude und Stolz, die Kunstwerke unserer Preisträger tagtäglich in unseren Büros erleben zu dürfen und mit großem Enthusiasmus jeden Besucher durch unser kleines „Museum“ zu führen.

    Die Kunstwelt kennt ja diverse Preise und Wettbewerbe: Warum haben Sie den „Phönix“ erstmalig abheben lassen?
    Meistens zielen Preise und Wettbewerbe auf bereits arrivierte Künstler. Manchmal erwartet der Initiator und/oder Mäzen einen finanziellen Erfolg oder öffentlichkeitswirksamen Nutzen für seine wirtschaftlichen Aktivitäten. Wir wollten einfach nur dazu beitragen, dass wir alle zwei Jahre einem Künstler dazu verhelfen, seine Schwingen auszubreiten und los zu fliegen.

    Der Preis ist vergleichsweise hoch dotiert, sichert aber auch über Ankäufe und Ausstellungen Aufmerksamkeit. Was ist denn für aufstrebende Künstler wohl wichtiger?
    Jeder Preisträger ist erst einmal über die 20.000 Euro froh, die es ihm/ihr erlauben, sich rund ein Jahr ausschließlich um seine Kunst zu kümmern. Danach allerdings ist die fortwährende Betreuung (die Preisträger werden mit jeder neuen Ausschreibung bildlich und textlich erneut hervorgehoben) und das Image, das der Phönix jetzt schon hat, ein wichtiger Aspekt. Den Phönix im Lebenslauf zu haben ist inzwischen ein Wert an sich.

    Sie haben den Preis bereits 2005 gegründet, nun haben Sie eine Partnerschaft mit dem pulsierenden Kunstareal des Werksviertels geschlossen: Was kann man sich von der Kooperation erwarten?
    Bereits dieses Interview zeigt, welches Gewicht das Werksviertel-Mitte für Kunst und Kultur in München hat. Eine bessere Partnerschaft können wir uns nicht vorstellen: die Zusammenarbeit insbesondere mit Martina Taubenberger und die Effizienz und Effektivität der Umsetzung von Projekten durch ihre Mitarbeiterinnen sucht ihresgleichen! Der Phönix 2022 ist nur der Anfang, wir sehen der gemeinsamen Zukunft mit großer Euphorie entgegen.

    Wenn Sie auf Künstlerinnen und Künstler aus Ihrem Umfeld und Freundeskreis blicken: Was war angesichts der ungemütlichen Weltlage für Sie zuletzt der beste Tipp, die Zukunftszuversicht nicht zu verlieren und den Kopf oben zu behalten?
    Die Einsicht, dass es doch so etwas wie universelle Werte wie Frieden, Freiheit und Solidarität auf unserer Erde gibt und das derjenige, der sich dagegen auflehnt, eine überwältigende Mehrheit gegen sich hat. Es lohnt sich, weiter zu machen und zu gestalten – das große Ziel eines jeden Künstlers!

    Interview: Rupert Sommer

    https://www.in-muenchen.de/stadtleben/interview-mit-kunstfoerderer-richard-von-rheinbaben-91425886.html